Metallkomplex-Farbstoffe

 

Komplexe

Unter Komplex- oder Koordinationsverbindungen versteht man Moleküle oder Ionen, in denen an ein ungeladenes oder geladenes Atom M (Metall: Zentralteilchen) entsprechend seiner Koordinationszahl n mehrere ungeladene oder geladene, ein- oder mehratomige Gruppen L (Liganden) angelagert sind, speziell dann, wenn das Zentralteilchen mehr Liganden bindet als die Ladung erwarten läßt: [M(L)X]Z .

Die Komplexbildung der Übergangsmetalle besteht darin, daß Komplexliganden, die über freie Elektronenpaare verfügen, die zugehörigen Orbitale mit unbesetzten Hybridorbitalen des Zentralatoms in Wechselwirkung bringen, wobei die Zusammensetzung der Komplexe maßgeblich durch die Tendenz der Zentralatome zur Erreichung der Edelgaskonfiguration bestimmt und ihre Beständigkeit durch Rückbindungen vom Zentralmetall zum Liganden gesteigert wird, während sich aus der Art der Orbital-Hybridisierung des Zentralatoms die räumliche Struktur des gebildeten Komplexes ergibt.

Die Zähnigkeit bezeichnet die Anzahl der Bindungsstellen des Liganden.

Liganden wie z.B. das Ethylendiamin (en), die sich mit zwei komplexbildenden Atomen an ein Zentralatom anzulagern vermögen, nennt man "zweizähnig", das Ethylendiamintetraacetat (EDTA) z.B. ist "sechszähnig".

Einzähnige Liganden wie Cl- oder CN- können durch Betätigung zweier Elektronenpaare auch zwei Zentralatome durch eine Brücke unter Bildung eines "zweikernigen" Komplexes miteinander verbinden. Ebenso können natürlich auch mehrzähnige Liganden als Brückenliganden fungieren, indem sie ihre freien Elektronenpaare nicht nur einem, sondern mehreren Zentralatomen zur Verfügung stellen.

Bei der Komplexbildung beobachtet man zwei Arten von d-Elektronenkonfigurationen:

  1. Die Einzelelektronen in den d-Orbitalen eines Zentralatoms rücken paarweise nach inneren Orbitalen zusammen, so daß hierdurch d-Orbitale für eine Hybridisierung und Aufnahme von Ligandenelektronen frei werden (z.B.: [FeIII(CN)6]3- ).
  • Erfolgt keine Elektronenpaarbildung (kein "Zusammenrücken" von Elektronen) in den d-Orbitalen, so erfolgt eine Hybridisierung der noch besetzbaren äußeren Orbitale des Zentralatoms (z.B.: [CuIICl4]2-).
  •  

    Metallkomplex-Farbstoffe

    Aufbau:

    Sie sind natürliche bzw. synthetische, wasserlösliche Komplexverbindungen von Farbstoffen mit Übergangsmetall-Ionen, v.a. Cr3+, Co3+, Cu2+ und Ni2+. Als Farbstoff-Liganden werden überwiegend Azoverbindungen verwendet, die auf beiden Seiten der Azobrücke in den ortho-Stellungen je eine Hydroxylgruppe tragen. Die Komplexbindung erfolgt über die beiden Sauerstoffatome dieser Hydroxylgruppen und ein Stickstoffatom der Azogruppe. Die Farbstoffe sind also dreizähnige Liganden.

    Geschichte:

    Die ersten, 1915 entwickelten Metallkomplexfarbstoffe waren 1:1-Komplexe, in denen ein Chrom-Ion ein Farbstoffmolekül bindet. Die Färbung mit diesen Farbstoffen erfordert ein stark saures Säurebad von pH=2 (z.B.: ® Palatin-Echtfarbstoffe). Eine die Faser schonende Färbung ist in schwach saurer Lösung mit 1:2-Metallkomplexen möglich, in denen pro Metall-Ion zwei Farbstoffmoleküle enthalten sind (z.B.: ® Ortolan-Farbstoffe).

    Verwendung:

    Mit Metallkomplexfarbstoffen können Proteinfasern wie Wolle und Seide, sowie synthetische Polyamidfasern angefärbt werden. Die Bindung zur Faser erfolgt durch VAN DER WAALS-Bindungen, elektrostatische Anziehungskräfte sowie durch Komplexbindung mit den Amino-Gruppen der Protein-Moleküle. Dadurch ergibt sich eine feste Haftung des Farbstoffs mit einer hohen Waschechtheit.

    In letzter Zeit wurden Polypropylenfasern mit einem geringen Gehalt an Ni2+-Ionen hergestellt, die Azofarbstoffe unter Komplexbindung mit der Faser verankern. Auf diese Weise lassen sich mit der hydrophoben und daher schwierig anfärbbaren Polypropylenfaser gute Färbungen erzielen.

    Weiterhin finden sie Anwendung in der Sofortbildphotographie (Polaroid).

     

    Beispiele:

    1.) Azofarbstoffe und Metallsalze:

    In Verbindung mit Azofarbstoffen und Metallsalzen entstehen Azopigmente in Form von Lackdispersionen, die sich durch hohe Farbstärke auszeichnen. Daher werden sie auch in der Farbphotograhie verwendet, das Verfahren heißt Silberfarb-Bleichverfahren:

    R-N==N-R' + AgCl2 Metallkomplex-Farbstoff-Lacksysteme

    Azofarbstoff + Silbersalz Photo-Farbstoffe

    2.) Phthalocyanin-Farbstoffe: Metallhaltige organische Pigmente auf Basis des Phthalocyanins

    Diese Farbstoffe werden als Pigmente, Küpenfarbstoffe oder Direktfarbstoffe verwendet. Verwendung finden sie auch als Stempelfarben für Lebensmitteloberflächen und -verpackungen, sowie zum Färben von Eierschalen. Die Phthalocyaninfarbstoffe werden auch in der präparativen organischen Chemie als Polymerisationsbeschleuniger bzw. als Katalysator genutzt.

    Eigenschaften: Sie sind relativ temperaturunempfindlich, haben zum Teil Halbleiter-Eigenschaften und können mit bestimmten Radikalen lichtempfindliche Reaktionen zeigen. In ihrer Struktur zeigen sie eine gewisse Ähnlichkeit mit Chlorophyll oder Hämoglobin.

     

    3.) Metall-Porphyrine:

    Das Chlorophyll in den Pflanzen und die Blut- und Muskelfarbstoffe Hämoglobin und Myoglobin sind Porphyrin-Metall-Derivate (Eisenproteine).

    Chlorophyll Magnesiumion als Zentralatom

    Häm des Hämoglobins Eisenion als Zentralatom

    Versuch:

    Färben mit Palatin-Echtblau GGN:

    Versuchsdurchführung:

    Man gibt zu 500ml Wasser von 50 Grad Celsius 0,3ml Uniperol 0 und 0,6g 96%ige Schwefelsäure, darin löst man 0,4g Farbstoff. In diesem Bad können nun 10g Wollgarn gefärbt werden, indem man die Temperatur langsam zum Kochen erhöht und 1,5 Stunden bei Kochtemperatur behandelt. Anschließend spült man.

    Beobachtung:

    Das anfangs sehr stark gefärbte Wasser entfärbt sich mit der Zeit, das Wollgarn nimmt die Farbe des Farbstoffs an, die Farbe ist relativ intensiv und vor allem sehr fest an die Wolle gebunden (Komplexbindung, ähnlich wie bei den Proteinen).