Küpenfarbstoffe am Beispiel des "Königs der Farbstoffe": Indigo

Markus Schmitt

Küpenfarbstoffe sind wasserunlösliche Farbstoffe auf Indigo- und Anthrachinonbasis, die zum Färben und Bedrucken von Textilien benutzt werden. Zunächst werden sie in basischer Lösung mit Reduktionsmitteln, wie Natriumdithionit, -hydrogensulfit, -hydroxymethansulfanit oder Borhydriden, in eine wasserlösliche Form überführt. Diese ist meistens farblos und wird deshalb als Leukoverbindung (griech.: leukos = farblos) bezeichnet. Die Leukoverbindung kann allerdings auch gefärbt sein. Die entstandene Lösung heißt Küpe, vom lat. cuba = Tonne, und entsprechend heißt der Vorgang des Reduzierens Verküpen. Durch das Eintauchen der zu färbenden Ware überzieht die Leukoverbindung die Fasern und wird anschließend durch Oxidation mit Luftsauerstoff wieder wasserunlöslich gemacht und bleibt als unlösliches Pigment zwischen den Fasern zurück. Bindungstypen der Küpenfarbstoffe sind die van-der-Waals-Bindungen und Wasserstoffbrückenbindungen. Sie sind recht gut licht- und wetterecht.

Allerdings kann beim häufigen Waschen von indiogogefärbten Textilien, wie z.B. Jeans, ein Verblassen der blauen Farbe auftreten, da Küpenfarbstoffe aus nur sehr kleinen Molekülen bestehen, die relativ leicht vom Wasser weggeschwemmt werden können. Außerdem kann bei einer Jeans durch Reibung von stark genutzten Flächen eine Aufhellung der Farbe auftreten, was zum Markenzeichen der "Blue Jeans" wurde.

Indigo (span. = indisch):

Indigo ist der älteste bekannte organische Farbstoff, der aus verschiedenen afrikanischen und amerikanischen tropischen Indigostraucharten der Hülsenfrüchtler gewonnen werden kann. Der in den Pflanzen enthaltene indigobildende Stoff, das Indican, wird beim Stehenlassen der mit Wasser übergossenen Pflanzenteile (Gärungsküpe) durch enzymatische Spaltung in Glucose und Indoxyl gespalten, das durch Luftsauerstoff zu Indigo oxidiert wird und zum Ausflocken des Rohfarbstoffes aus der gelblichen Indoxyllösung führt.

Indigo (l max = 606 nm) ist ein dunkelblaues Pulver, das durch Reiben ein metallisch glänzendes Aussehen erhält. Im Vakuum sublimiert Indigo über in einen tiefroten Dampf. Indigo kommt immer in der trans-Form vor, die durch Wasserstoffbrückenbindungen stabilisiert wird. Da sich in jedem Molekül vier Wasserstoffbrückenbindungen zu Nachbarn bilden können, hat der feste Indigo einen hohen Schmelzpunkt von 390 - 392 Grad Celsius. Es löst sich überhaupt nicht in Wasser, Alkalien, schwachen Säuren oder Alkohol und nur wenig in heißen organischen Lösungsmitteln, sowie konzentrierter Schwefelsäure.

Indigo: blau, wasserunlöslich

Indigweiß oder Leukoindigo: farblos, wasserunlöslich

Geschichte:

In Indien, China, Ägypten wurde Indigo schon vor Jahrtausenden zum Bemalen und Färben von verschiedenen Stoffen verwendet. Um 2500 v. Chr. wurden bereits Kleider mit Indigo gefärbt, später auch Mumienbinden. Babylonier, Ägypter und Juden bezogen ihn durch Tauschhandel aus Indien. Nach Belegen in Handels- und Zolltarifen wurde Indigo in Deutschland seit etwa 1275 als Färbemittel verwendet.

Nachdem A. von Bayer schon 1870 die erste Indigosynthese ausgearbeitet, aber erst 1878 erfolgreich beendet hatte, schließlich war ihm die exakte Strukturformel damals noch nicht bekannt (erst 1883), erschienen in rascher Folge eine Reihe von weiteren Indigosynthesen, von denen sich die 1890 von Heumann durchgeführte am besten bewährte. Nach dem verbesserten Heumannschen Verfahren wird auch heute noch der meiste Indigo synthetisiert, wenn auch gelegentlich neue Indigosynthesen entwickelt werden. Im Jahre 1897 wurde der erste synthetisierte Indigo auf den Markt gebracht; bis dahin hatten die BASF und Hoechst zusammen rund 30 Millionen Mark in die Entwicklung investiert. Der etwa bis zum Jahre 1900 in großem Umfang gehandelte Naturindigo stammte hauptsächlich von den Sundainseln, besonders Java und aus Bengalen, wo er aus kultivierten Indigofera-Arten gewonnen wurde. Der Bengal-Indigo enthielt 35 bis 55 %, der Java-Indigo bis zu 80 % reinen Farbstoff; die Beimengen bestanden aus etwas Indigorot, Indigobraun, Lehm und Verunreinigungen. Durch die Massenproduktion von synthetisiertem Indigo war der Naturindigo nicht mehr konkurrenzfähig und die Indigo-Pflanzungen verschwanden allmählich.

Ab 1930 ging die Herstellung und Ausfuhr des Indigos zugunsten anderer, beständigerer Küpenfarbstoffe, besonders Anthrachinon- und Indanthrenfarbstoffen, zurück.

 

Synthese:

Unter den verschiedenen Synthesen des Indigo haben die beiden von Heumann entwickelten Verfahren die größte Bedeutung erlangt. Nach dem auch heute noch praktizierten älteren (1890) Verfahren geht man von N-Phenylglycin aus, das durch Natriumamid-Schmelze bei 180-200 Grad zu Indoxyl cyclisiert wird. In einem zweiten Schritt wird das gebildete Indoxyl durch Luftsauerstoff zu Indigo oxidiert.

Hierbei konnte der eindeutigen Mechanismus noch nicht ausreichend geklärt werden.

Laut Kratzert wären mögliche Lösungen eine einfache Hydridionenabspaltung oder die Entstehung intermediärer Radikale. Denkbar wäre weiterhin, dass nicht der Luftsauerstoff der Elektronenakzeptor ist, sondern dass sich bereits gebildeter Indigo in die Reaktion mit einschaltet.

N-Phenylglicin

Natriumamid

Indoxyl

Indigo

Das notwendige N-Phenylglycin wurde früher aus Anilin und Chloressigsäure, heute durch Hydrolyse von Anilinoacetonitril hergestellt, das selbst durch Kondensation von Anilin, Formaldehyd und Natriumcyanid erhalten wird.

 

Verwendung von Indigo:

Heute verwendet man Indigo vor allem zum Färben von Jeans. Indigo dient in der Färberei zum Färben sowohl tierischer als auch pflanzlicher Fasern (z.B.: Baumwolle), aber auch von halbsynthetischen Cellulosefasern. Viele Kunstfasern kommen allerdings nicht in Frage, da sie die Alkalität der Küpe nicht vertragen. Indigo ist auch heute noch ein wichtiger Farbstoff, obwohl er in Indanthrenblau, Hydronblau und Variaminblau starke Konkurrenten erhielt. Derivate, die man entweder aus besonderen Ausgangssubstraten oder durch Bromierung, Chlorierung, Sulfonierung usw. am fertigen Molekül erhält, ändern den Farbton und die färberische Qualitäten. Diese Indigoide, zu denen auch Thioindigo gehört, spielen als Woll- und Baumwoll-Küpenfarbstoffe in der Textilindustrie sowie als Pigmente in der Medizin und Mikroskopie eine bedeutende Rolle. Indigo ist auch als Farbstoff für Kosmetika (allerdings keine Augenkosmetika) zugelassen.

 

Vergleich zweier unterschiedlicher Färbevorgänge:

1. Versuch

Durchführung:

In einem Becherglas verrührt man etwa 0,5 g Indigo in 100 ml Wasser, gibt 2 Natriumhydroxid-Plätzchen hinzu und versetzt portionsweise mit Natriumdithionit (Na2S2O4), bis sich eine helle Lösung bildet. In dieser Küpe wird ein zuvor mit Ethanol getränkter Baumwollstreifen getaucht. Nach etwa 10 min wäscht man mit verdünnter Essigsäure, dann mit Wasser aus und lässt an der Luft trocknen.

Beobachtung:

Trotz erhöhter Zugabe von Natriumdithionit zu der blauen Indigo-Lösung, entsteht nur eine braune Küpe. Beim Eintauchen der zu färbenden Ware nimmt die Faser eine grünliche Farbe an, die beim späteren Auswaschen ganz schwach bläulich erscheint. Nach dem Trocknen nimmt der Baumwollstreifen eine blaue Farbe an.

2. Versuch

Durchführung:

2 Spatel Indigo, 3 Spatel Na2S2O4 und 5 Natriumhydroxid-Plätzchen werden im 100-ml-Becherglas mit ca. 20 ml Wasser erhitzt, bis eine gelbe Lösung entsteht. Die gelbe Lösung gibt man in ein anderes Becherglas zu ca. 200 ml heißem Wasser. Ein Baumwollstreifen wird etwa 5 Minuten in der siedenden Küpenlösung gekocht (das Becherglas zwischenzeitlich mit einem Uhrglas abdecken!). Anschließend entnimmt man den Baumwollstreifen der Lösung, wäscht ihn unter fließendem Wasser aus und lässt ihn an der Luft trocknen.

Beobachtung:

Nach der Zugabe von Natriumdithionit zu der Indigo-Lösung entsteht eine gelblich-braune Küpe. Nach dem Eintauchen in die Küpe färbt sich der Baumwollstreifen gelb-grünlich. Nach dem Auswaschen erscheint bereits schon eine blaue Farbe, die nach dem Trocknen noch stärker wird.

 

Unterschiede:

In dem 2. Versuch entsteht eine wesentlich hellere Küpe als im ersten Versuch; dies ist sehr wahrscheinlich auf das Erhitzen zurückzuführen. Außerdem kann man nach dem Auswaschen eine intensivere Blaufärbung des Baumwollstreifens feststellen, die jedoch nach dem Trocknen im direkten Vergleich mit dem Baumwollstück des ersten Versuchs weniger intensiv ausgeprägt ist. Deshalb wäre der erste Versuch dem zweiten vorzuziehen, da zum einen der Färbeerfolg größer und die Geruchsbelästigung geringer ist.